Ein Interview mit Gelassenheitsguru, Autor und Manager Frank Behrendt

Official Press Photo Frank Behrendt

1. Gelassenheit ist ein Ziel, wonach sehr viele Menschen streben. Nun giltst Du, lieber Frank, sogar als der Gelassenheitsguru der Republik. Woher nimmst Du Deine entspannte Haltung?

Auch ich bin nicht als Guru auf die Welt gekommen, sondern habe mir vieles erarbeitet. Vor allem geht es mir ja um eine gelassene Haltung bei gleichzeitig hoher Professionalität im Job. Das halten viele für einen Widerspruch, ich nicht. Ich bringe Dinge gerne auf die logische Sachebene, so wie es Justus Jonas von meiner Lieblings-Hörspielserie die drei Fragezeichen bei der Lösung seiner Fälle immer macht. Was bringt es etwa, sich über Verspätungen oder Staus aufzuregen? Nichts, denn dadurch gehen sie ja nicht weg. Stattdessen ist es doch viel klüger, grundsätzlich von Verspätungen auszugehen und daher immer früher loszufahren. Dann hat man am Ende die angenehme Aufgabe, sich höchstens darüber Gedanken zu machen, was man mit der Zeit anfangen kann, wenn man früher als erwartet ankommt. Da erlebe ich meist die tollsten Sachen und so mache ich das mit ganz vielen Dingen. Ich rege mich schon lange nicht mehr auf, pure Zeitverschwendung.

2. Was glaubst Du: Hättest Du genauso viel Erfolg gehabt, wenn Du angestrengter durch Dein Berufsleben gegangen wärst?

Mit Sicherheit nicht. Ich wollte eigentlich auch gar nix großartiges werden, habe nie irgendeiner Beförderung nachgehechelt oder meine Karriere strategisch geplant. Mein Großvater hat immer gesagt: „Oft ist es wichtig, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.“ Das war ich wohl ziemlich oft und weil ich meist gelassen und nicht verkrampft war, hab ich auch manchen Job bekommen. Ein Chef hat mal zu mir gesagt: „Frank, wir haben dich ausgesucht, weil du so positiv bist und keine Angst hast.“ Das hat mir gefallen und das habe ich auch immer meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermittelt.

3. Gibt es konkrete Erfolge und Erfolgserlebnisse, die Du Deiner Gelassenheit zu verdanken hast?

Oh ja, ganz viele. Zum Beispiel diverse Pitch-Gewinne. Eines meiner Lieblingsbücher ist Frederick, von Leo Lionni, ein zauberhaftes Kinderbuch. Da geht es um eine vermeintlich faule Maus, die auf einem Stein sitzt und in die Welt schaut, während alle anderen Mäuse emsig die Wintervorräte sammeln. Sie schimpfen auf ihn, dabei ist er die schlauste Maus von allen. Denn Frederick sammelt Wörter, Farben und Eindrücke. Als alle Vorräte im langen kalten Winter aufgegessen sind, schlägt die Stunde von Frederik – er malt für seine zitternden Artgenossen wunderbare Bilder mit Worten, die wärmen. Er ruft seine Erinnerungen aus dem Sommer ab. So habe ich das auch oft gemacht und bei Präsentationen Geschichten erzählt. Zum Beispiel bei Weber-Grill von den Indianern am Lagerfeuer. Andere haben 50 Strategiecharts zusammengestellt, aber ich habe am Ende gewonnen. Weil ich mit meiner Gelassenheit anders an die Aufgabe rangegangen bin und eine Geschichte erzählt habe, die die Herzen erreicht hat.

Ich erinnere mich an die Weber-Grill-Passage aus Deinem Buch: Alle anderen Agenturen kamen mit einer Entourage und digitalen Präsentationen. Bei Dir dagegen sah es so aus: Ein abgedunkelter Konferenzraum voller Menschen auf Kundenseite, Frank als One-Man-Show vorn, eine Taschenlampe in der Hand, Playmobilmännchen auf dem Tisch und … Indianergeschichten. Sehr eindrucksvoll dieser Pitch-Win. Kommen wir zur nächsten Frage …

4. Deine Einschätzung: Kann man Gelassenheit lernen oder ist es eher eine Typfrage?

Es ist ein Mix. Natürlich hat jeder Mensch andere Anlagen, viel hat auch mit Erziehung zu tun. Meine Eltern haben uns als Kinder machen lassen und waren nicht im Helikoptermodus unterwegs oder wollten uns dauernd irgendwo hinschicken, wo wir vor der Grundschule schon Fremdsprachen und drei Instrumente lernen sollten. Wir durften einfach kreativ sein und spielen. Herrlich. Trotzdem kann man sich auch von gelassenen Typen das eine oder andere abschauen. Die machen einfach viele Dinge anders, oft organisatorisch, um sich die Gelassenheit auch leisten zu können.

5. Hast Du Tipps für Gestresste, wie sie Gelassenheit üben können – vielleicht aus einem Deiner Bestseller „Die Winnetou-Strategie“ oder „Liebe Dein Leben, nicht Deinen Job“?

Da stehen in der Tat ganz viele Tipps und Tricks drin, wie man Dinge anders handhaben kann und dadurch entspannter wird. Es gibt ja viele Leute, die sich viel Stress machen, der total unnötig ist. Ich arbeite zum Beispiel oft antizyklisch. Wenn andere Mittagspause machen, arbeite ich weiter. In der Mittagszeit ist es herrlich ruhig – die anderen sind ja alle in der Kantine. Da schafft man schafft in kurzer Zeit viel mehr. Ich mache meine Pausen dafür über den Tag verteilt, mehrere Mini-Breaks – mit ausgeschaltetem Smartphone. Dafür lese ich dann auf einer Parkbank ein Buch. Das ist wie ein kleiner Wellness-Urlaub to go und man kommt ganz entspannt an den Schreibtisch zurück. Von diesen kleinen Dingen mache ich ganz viele Sachen anders als andere und fahre damit seit Jahren sehr gut.

Vielen Dank, lieber Frank. 

Erwähnte Bücher im Text:

  • Behrendt, Frank. Die Winnetou-Strategie: Werde zum Häuptling Deines Lebens. bunden: Güthersloher Verlagshaus (2017), 17,99 EUR, Außerdem: Kindle
  • Behrendt, Frank. Liebe dein Leben und nicht deinen Job: 10 Ratschläge für eine entspannte Haltung. Gebunden: Güthersloher Verlagshaus (2016), 17,99 EUR, Taschenbuch: Penguin Verlag (2018), 10 EUR. Außerdem Hörbuch, Kindle und andere Formate.
  • Lionni, Leo. Frederick. Gebunden: Beltz & Gelberg (2019) 13,95 EUR, Taschenbuch 6,50 EUR, Audio-CD 11,45 EUR und andere Formate.
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